Zeit fliegt…

Die Zusammenarbeit mit dem Studiengang Restaurierung an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart

Dieser Beitrag wurde von unserer Gastautorin Alexandra Schorpp geschrieben. Sie ist Studentin des Masterstudiengangs Restaurierung und Konservierung von archäologischen, ethnologischen und kunsthandwerklichen Objekten an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart (http://www.abk-stuttgart.de/studium/studienangebote/konservierung-und-restaurierung.html). Im Rahmen dieses Studiums bearbeiten Studenten in den akademieeigenen Werkstätten Objekte mit besonderen restauratorischen Problemstellungen oder Untersuchen sie zu speziellen Forschungsansätzen . Diese Grundlagenforschung ist sehr wichtig, da solch aufwendige Untersuchungen weder in der freien Wirtschaft, noch in den meisten Museen geleistet werden kann. Und so haben Objekte, die mit entsprechenden Schadensbildern in den Depots lagern, oft keine Chance auf Restaurierung und Bearbeitung. So war es auch im vorliegenden Fall bei der Schwarzwalduhr mit Hinterglasmalerei. Dank der Kooperation mit der Akademie in Stuttgart war es möglich, das Schadensphänomen genau zu untersuchen und eine Lösung zur Rettung des Objekts zu entwickeln.  Von daher freuen wir uns sehr, dass Frau Schorpp ihre Arbeit in unserem Blog der Öffentlichkeit vorstellt.

Bericht von Frau Schorpp: „Zeit fliegt…“

Die Messung der Zeit war ein Bedürfnis, nachdem es den Menschen schon seit früher Zeit verlangte. Mit fortschreitender Uhrentechnik wurde auch die Gestaltung der Uhren immer aufwendiger. Besonders die weltweit erfolgreiche Schwarzwalduhr brachte viele unterschiedliche Varianten hervor. So kam es, dass auch die besondere Kunst der Hinterglasmalerei Eingang fand in die Gestaltung von Ziffernblättern. Die Hinterglasmalerei stellt eine eigene Kunstgattung dar und bringt oftmals Objekte hervor, die genauso beeindruckend wie auch fragil sind. Die Kombinationen aus Glas, Malschichten und verschiedenen weiteren Applikationsschichten wie beispielsweise Metallfolien erzeugen eine einzigartige Wirkung, zeigen jedoch auch eine große Anfälligkeit für Schäden. Die zerbrechliche Schönheit dieser Objekte stellt den Restaurator vor Herausforderungen.

Eine Schwarzwalduhr mit Hinterglasmalerei-Dekor

Die Schwarzwälder Rahmenuhr des Franziskanermuseums Villingen-Schwenningen stammt aus dem Jahr 1876 und wurde von M. Storz in Neuhausen hergestellt. Das Glasschild mit Hinterglasmalerei besitzt ein spezielles Hyalophaniedekor. Bei dieser Technik wurden meist Ranken- und Blumenmotive dargestellt, die mit dunklen Hintergrundfarben und hinterlegten Gold- und Silberfolien kombiniert, einen perlmuttähnlichen Effekt erzielten. Bei dieser Art der Gestaltung spürt man besonders deutlich das ab 1850 aufkommende Bemühen, vornehm und kostbar wirkende Schwarzwalduhren herzustellen.

Objekt im Vorzustand, Vorderansicht
Detail des Hinterglas-Dekors
Objekt im Vorzustand, Profilansicht

Das Schadensbild des Hinterglas-Dekors

Die Uhr besitzt mehrere Schäden, die vor allem das Ziffernblatt aus Glas mit der Hinterglasmalerei betreffen. Dazu zählen ein diagonal verlaufender Glasbruch und das Ablösen der Malschicht sowie großflächige Vergrauung der schwarzen Malschicht durch Ablösung. Außerdem besaß das Objekt in der Vergangenheit einen Holz- und Speckkäferbefall, was an Fraßgängen erkennbar ist. Technisch scheint die Uhr intakt zu sein, zur Schonung des Objekts wird sie jedoch nicht in Betrieb genommen.

Durch die Schäden am Glas besteht eine große Gefahr für die künftige Erhaltung des Objekts. Besonders die ablösende Malschicht bedeutet eine große Beeinträchtigung und wird bis zum vollständigen Verlust voranschreiten, wenn keine restauratorischen Maßnahmen ergriffen werden. Aus diesem Grund wurde eine aufwendige Restaurierung am Objekt vorgenommen.

Rückseite des Uhrenschildes

 

Detail der abblätternden Malschicht

Die Restaurierungsmaßnahmen

Um an die Hinterglasmalerei überhaupt heran zu kommen, musste zunächst das gläserne Uhrenschild aus dem fest verschlossenen Uhrenkasten befreit werden. Anschließend erfolgte die Klebung des Glasbruchs mit einem lichtbeständigen UV-Klebstoff sowie die aufwendige Festigung der Malschichten. Dazu wurde zwischen Malschicht und Glas durch Wärme Wachs eingebracht. Hierbei handelt es sich um ein diffiziles Verfahren, dessen Anwendung erst nach vorausgehenden Tests, wie z.B. verschiedene Schmelzpunktbestimmungen der im Objekt verwendeten Materialen, angewendet werden darf. Es dürfen nur sehr niedrig schmelzender Wachse verwendet werden. Außerdem wurde das erst seit kurzer Zeit als Festigungsmittel eingesetzte Funori angewendet, welches aus einer Algenart gewonnen wird und sich vor allem für matte Malschichten (weiße Malschicht) eignet. Die auf der Rückseite des Objekts durchgeführten Festigungsmaßnahmen wurden über einem Spiegel vollzogen um dabei die Vorderseite des Objekts beobachten zu können. Außerdem mussten Fehlstellen, die sich in der Malschicht bereits durch abfallende Malschichtschollen gebildet hatten durch hergestellte Farbfolien und eine Kartonretusche ergänzt werden. Bei der Kartonretusche wird ein entsprechend eingefärbtes säurefreies Papier hinterlegt.

Festigung der Malschicht mit Wärme
Ergänzung der Fehlstelle mit Farbfolie

 

Kartonretusche

 

 

 

 

 

 

 

Nach Abschluss der Maßnahmen konnte das Uhrenschild zurück in den Uhrenkasten montiert werden. Nun wird die Schwarzwalduhr im Depot des Franziskanermuseums in einer Spezialverpackung aufbewahrt. Diese ermöglicht eine liegende Position, bei der die Uhr quasi mit dem Gesicht nach unten in einen schaumstoffgepolsterten Karton eingeschoben ist. Dadurch wird die  Einwirkung der Schwerkraft auf die Malschicht verhindert, und das Objekt ist sicher aufbewahrt. Als Ergebnis der Maßnahmen ist der Erhalt des Objekts für die Zukunft gesichert. Zudem wurde das Erscheinungsbild sowie die Lesbarkeit des Dekors deutlich verbessert.

 

 

Ein herzlicher Dank für die tolle Arbeit

Jetzt hat dieses Objekt eine reelle Chance, aus dem Depot in eine Sonderausstellung zu kommen, sofern es thematisch passen würde. Und eines der wenigen Beispiele aus der Städtischen Sammlung für eine solche Hinterglasmalerei mit Perlmuttwirkung ist für die Zukunft gerettet. Von daher: ein herzlicher Dank an den Studiengang Restaurierung und Konservierung von archäologischen, ethnologischen und kunsthandwerklichen Objekten an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart und ganz besonders an Frau Schorpp!