Während wir in den Planungen zur Sonderausstellung ‚Wie tickt Villingen-Schwenningen?‘ steckten, konnten wir uns immer wieder über Zusagen für wichtige und imposante Leihgaben freuen – das großartige Scheibenkreuz oder der „Fürstenbergkelch“ aus dem 13. Jahrhundert etwa. Schnell kam die Frage auf, welche Objekte aus Schwenningen – um der Parität willen – mit diesen Kunstwerken mithalten könnten. Die Wahl fiel auf einen besonderen Schatz von überregionaler Bedeutung, der faszinierende Einblicke in die Frühzeit der Ortsgeschichte bietet: Das Grabinventar der „Dame von Schwenningen“.

Fünfknopffibel und silberne Beschläge, Leihgaben Württembergisches Landesmuseum

Das Grab der Adligen, die diesen Spitznamen erhielt, ist Teil des alamannischen Gräberfeldes „Auf der Lehr“, das mit 202 bekannten Bestattungen zu den wichtigsten frühmittelalterlichen Fundstätten der Baar gehört. Die parallel angeordneten Gräber mit Ost-West-Orientierung sind charakteristisch für die Reihengräberzeit von der Mitte des 5. bis Ende des 7. Jahrhunderts. Der Beginn der Belegung kann in Schwenningen grob auf den Anfang des 6. Jahrhunderts datiert werden, wobei die „Dame“ eine der frühesten Bestattungen darstellt. Mit Sicherheit geht das heutige Schwenningen auf die zum Gräberfeld zugehörige alamannische Siedlung zurück, die von einer Hochadels-Familie gegründet wurde und sich vermutlich im Bereich des heutigen Rössleplatzes befand – archäologisch nachgewiesen wurde diese jedoch noch nicht.

Das Grab der „Dame“ wurde schon 1938 bei Bauarbeiten in der Dauchingerstraße 9 nördlich des Marktplatzes geborgen. Herausragend ist die Qualität der Beigaben: Zwei Bügelfibeln aus Gold und Silber, sogenannte Fünfknopffibeln, stammen möglicherweise vom Runden Berg bei Bad Urach, einem alamannischen Machtzentrum. Von herausragender Qualität sind zwei mit Almandin ausgelegte Scheibenfibeln, die aus dem Umkreis des byzantinischen Kaiserhofes stammen könnten. Eine dieser Fibeln zeigt ein Kreuz – Zeichen des Bekenntnisses zum christlichen Glauben oder reine Zierde?

Scheibenfibeln mit Almandineinlagen (Repliken), Leihgabe Heimat- und Uhrenmuseum Schwenningen

Weitere Beigaben zeugen vom Reichtum und der Macht der Bestatteten. Im Bereich der Bügelfibeln war eine silbergolden verzierte Lederschnur befestigt, die in einer in Silber gefassten Bergkristallkugel, vielleicht mit Amulettfunktion, endete. Hinzu kommen goldene Anhänger mit Edelsteineinlagen, eine mit Goldblech überzogene Eisenschnalle, Silberschnallen, eine silbervergoldete Riemenzunge und eine Halskette aus Bernstein-, Gold- und Glasperlen. Ähnlich hochwertige Schmuckbeigaben finden sich sonst nur in königlichen Gräbern wie dem des Frankenherrschers Childerich in Tournai. Das lässt darauf schließen, dass die „Dame von Schwenningen“ zu den höchsten alamannischen Familien der Zeit um 500 gehörte.

Wir sind stolz, die Grabbeigaben bis 27. August im Franziskanermuseum zeigen zu dürfen. Unser Dank hierfür gilt dem Leihgeber, dem Württembergischen Landesmuseum in Stuttgart. Nur die zwei Almandin-Fibeln, die Teil der Stuttgarter Dauerausstellung sind, zeigen wir als Repliken. Ansonsten ist die aktuelle Sonderausstellung eine einzigartige Gelegenheit, eines der wichtigsten Grabinventare der Baar im Original zu bestaunen.