Depotumzüge der Städtischen Sammlungen und kein Ende.

Wir sitzen auf gepackten Kisten…

Es war einmal,

im Jahre 2012, da fing die unendliche Geschichte mit den Depots an. Wobei das genau genommen so nicht stimmt. Die Depots gab es natürlich schon lange vorher. In Wirklichkeit existierten viele der Depots schon wesentlich länger als die Städtischen Museen. Tatsächlich sind die Museen ja schlussendlich aus einem Konglomerat von Dingen entstanden, die bestimmte Leute für aufbewahrungswürdig befanden und deshalb nicht weggeworfen haben, obwohl die Zeit ihrer Nutzung bereits abgelaufen war. Oder Objekte, denen ein Sammlerwert oder eine Kuriosität zugemessen wurde und die aus Gründen des Wertgewinns aufbewahrt und weiter gegeben wurden. Als diese Ansammlungen groß genug geworden waren und sich die Sammelnden auch zusammenschlossen, entstand der Wunsch, die Dinge nicht länger in einem Hinterzimmer verstauben zu lassen, sondern der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Und damit die Geschichte und Kultur der Stadt zu vermitteln. Mit diesem Ansinnen entstanden die Altertümersammlung in Villingen im Alten Rathaus und das Heimatmuseum in Schwenningen am Muslenplatz. Trotzdem war in den neuen öffentlichen Räumen nie genug Platz, um alles bereits Angesammelte dort auch ausstellen zu können. Folglich blieben die Lager in den Hinterzimmern weiter bestehen. Und ihr Inhalt wuchs beständig an, da mit der Eröffnung dieser Museen das Bewusstsein für die Bewahrung materieller Zeugnisse in der Bürgerschaft weiter gefördert wurde. Für Dinge, die man wegzuwerfen nicht übers Herz brachte, sich selber um die Aufbewahrung aber nicht kümmern wollte, hatte man plötzlich eine wunderbare Anlaufstelle. Denn gleichzeitig mit dem Eingang in die Sammlung eines Museums und der damit verbundenen Vorstellung der dortigen Bewahrung des Objekts auf die Ewigkeit erfolgte umgehend eine Wertsteigerung selbst des einfachsten Gerätes. Schließlich wurden ganze Konvolute den Sammlungen zugefügt, seien es Ladeneinrichtungen, grafisches oder handwerklich-bäuerliches Gut, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Städtische Sammlungen, und da bildet Villingen-Schwenningen keine Ausnahme, sind kunterbunt. Es sind Gemischtwarenläden, da alles, was in irgendeiner Form den Bezug zur Stadt besitzt, theoretisch auch die grundlegende Bedingung erfüllt, möglicherweise zum Museumsobjekt werden zu können… Das heutige Prinzip, den Eingang eines Objekts in die Sammlung durch die Museumsleitung genau zu prüfen und zu begründen, wurde bis in die 80er Jahre wesentlich einfacher gehandhabt. Geschichten erzählen, dass Schenkungen an das Heimatmuseum gerne des Nachts vor die Türe gestellt wurden, und am Morgen von den Mitarbeitern des Museums dann ins Depot im Dachboden hochgetragen wurden. Dabei gingen oft wichtige Informationen zur Provenienz der Gegenstände, wie ihre Herkunft, Nutzung und Vorbesitzer verloren. Das passiert heute freilich nicht mehr, da ein standartisiertes Verfahren der Prüfung für jedes angebotene Objekt vorgenommen wird. Das bedeutet aber nach wie vor, dass jeder Bürger, der darüber nachdenkt, ein Exponat den Museen zu vermachen, jederzeit herzlich eingeladen ist, sein Objekt der Museumsleitung vorzustellen!

Das Regal mit Schwarzwalduhren kurz vor dem Auszug aus dem Depot Bärenpark

Eigentlich sind die Depots ja viel älter als die Museen

Wie eingangs also schon bemerkt, sind einige Depots älter als die daraus entstandenen Museen. Die Form der Depots sah auch noch ein wenig anders aus als heute. Es gibt Berichte, dass zu gewissen Zeiten an bis zu 30 Orten in Villingen-Schwenningen verstreut Dinge gelagert wurden, die irgendwie zu den Museen gehörten und damit der Definition eines Depots entsprachen. Da in dieser Form natürlich kaum eine Betreuung stattfinden konnte, und die Bedingungen für die Exponate teilweise haarsträubend waren, sowie kaum einer von der Existenz aller verschiedenen Orte wusste, gab es immer wieder Bemühungen, zumindest die wichtigsten Exponate des Städtischen Besitzes an wenigen, geeigneteren Orten zusammen zu ziehen. So entstanden für die Städtischen Museen, damals noch unter Leitung des Stadtarchivs, die vier großen Depots: Der Dachboden des Heimat- und Uhrenmuseums, der Bärenpark als zugehöriges Außendepot, die Klimadepots im Dachboden des Franziskaners und hier zugehörig die Lantwattenstrasse als Außendepot. Die wertvollsten Bestände wurden im sogenannten kleinen und großen Klimadepot des Franziskaners mit den besten klimatischen Bedingungen untergebracht. Da der Platz dort bei weitem nicht reichte, wurden Räume in den Kellern des ehemaligen Milchwerks in der Lantwattenstrasse angemietet, auf dem Areal neben dem Gebäude für das Städtische Archivgut. Denn neben den musealen Beständen wuchs auch der Bedarf an Lagerflächen für die Ausstellungsarchitektur vergangener Ausstellungen. Die Sammlung Saba mit über 400 Geräten kam in Villingen als Leihgabe ins Haus und benötigte einen Platz, oder die Schuhmacherwerkstatt von Karl Pfau aus Schwenningen mit allem drum und dran bis hin zur Ladentheke. In Schwenningen reichte die zweistöckige Dachfläche des Heimat- und Uhrenmuseums mit etwa 800 qm ebenfalls bald nicht mehr aus. Also wurde für weitere Schwenninger Bestände ein ehemals als Tiefgaragenanlage geplantes Untergeschoss unter dem Bärenparkareal angemietet. Trotz allem hielten – und halten sich bis heute – hartnäckig ein paar der kleineren Hinterzimmer und Dachböden als Lagerort, wie zum Beispiel im Dachgeschoß des Alten Rathauses in Villingen. Diese Lösung mit den vier Depotstandorten war trotz allem alles andere als perfekt. Es gab immer wieder Ärger mit den Räumlichkeiten. Im nicht isolierten Dachstuhl des Heimat- und Uhrenmuseums, in dem Sommers eine gnadenlose Hitze und Winters ein feucht-schimmeliges Klima herrschten, verschwanden die auf dem Fußboden liegenden Dinge unter dicken Staubschichten. In den beiden externen Depots Bärenpark und Lantwattenstrasse gab es immer wieder Überschwemmungen, die Wände herunterrinnendes Wasser  und ebenfalls folgend Schimmelprobleme. Die Räumlichkeiten waren derart zugestellt, dass nur mehr kleine Trampelpfade durch die rechts und links aufgetürmten Objektberge führten. Nicht weniger überfüllt sahen die Klimadepots im Franziskaner aus (und sind es bis heute noch). Es war allen Beteiligten klar, dass dringend etwas passieren sollte, aber ein konkreter Anlass für den Startschuss der Planung eines solch riesigen Projektes fehlte bis dahin.

Bis unter die Decke vollgestapelt und nur noch über „Trampelpfade“ begehbar: ehemaliges Depot in der Lantwattenstrasse

Zukunftspläne

Das änderte sich schlagartig im Jahre 2012, als mit der Schließung des Heimat- und Uhrenmuseums nach einer Brandschutzbegehung eine Wiedereröffnung an die Bedingung geknüpft wurde, das Dachdepot über zwei Etagen komplett („besenrein!“) zu räumen. Fieberhaft wurde kurzfristig nach ca. 800 qm bezahlbaren Ersatzräumen gesucht, die auch noch den lagertechnischen und konservatorischen Ansprüchen genügen sollten. Eine Besichtigungsreise durch zahlreiche meist unterirdische Räumlichkeiten sowohl in Villingen wie auch in Schwenningen begann, aber keine angebotene Fläche war wirklich geeignet. Fündig wurde man schließlich auf dem Firmengelände der AGVS in Villingen, wo entsprechende Hallen der früheren Produktion zur Vermietung standen. Und damit begann für das Museums-Team die bis heute fortdauernde Geschichte der Depotumzüge mit dem ersten großen Umzug des Bestandes aus dem Dachboden vom Heimat- und Uhrenmuseum. Momentan läuft bereits Umzug Nummer vier des materiellen städtischen Kulturgutes. Aber nicht nur das: Zwischendurch – seit dem Jahre 2013 –  hat das Team des Museums auch die Planung für den Neubau eines Zentraldepots mit Passiv- oder Aktiv-Energie-Standard erarbeitet, um die Wirtschaftlichkeit eines für alle konservatorischen Ansprüche perfekten Neubaus gegenüber den Mietkosten der Flächen für die inzwischen etwa benötigten 4000 qm darstellen zu können. Aufgrund der ermittelten Amortisierung für dieses Millionen-Projekt erst nach mehreren Jahrzehnten erhielt der Traum vom Zentraldepot bislang nicht den nötigen Zuspruch in den Planungen für den Städtischen Haushalt.

Deshalb werden die Räumlichkeiten auf dem Gelände der AGVS wohl die längerfristige Heimat der Sammlungsbestände bleiben. Und deshalb gilt es, sich dort so optimal wie möglich einzurichten. Der aktuelle Plan sieht vor, dieses Mal wirklich alle verbliebenen Hinterzimmer zu räumen und alle Bestände konsequent nur noch an diesem Ort zusammen zu ziehen.  Im Moment fühlt sich das Depot-Thema tatsächlich an wie die unendliche Geschichte. Es eröffnet die wunderbare Gelegenheit, die Aufgabe der Sammlungsbetreuung ernst zu nehmen und eine Situation zu schaffen, in der das materielle Kulturerbe der Stadt für die zukünftigen Generationen bewahrt und weitergegeben werden kann. Aber diese Arbeit benötigt eben auch sehr viel Zeit. Denn zu einer guten Lagerung gehört eine Inventarisation mit Standortverzeichnis, die für einige Bereiche der Städtischen Sammlung noch nicht erfolgt ist. Der Umstieg auf ein professionelles Datenbanksystem im Rahmen des ganzen Themas der Sammlungsbetreuung ist erfreulich, aber die Einarbeitung in das komplexe Programm erfordert wiederum ihre Zeit. Umzug Nummer 4 ist in vollem Gange, Umzug Nummer 5 bereits geplant und Umzug Nummer 6 gilt zumindest als unausweichlich für die Zukunft…

Umzüge sind ziemlich aufregend. Unglaublich, was uns so alles passiert ist bisher. Davon will ich in unserem Blog immer mal wieder ein bisschen erzählen. Von den Umzügen, die wir bereits überstanden haben, aber auch ganz aktuell von dem Umzug Nr. 4, in dem wir bis zum Hals drinstecken.

Blick ins Regal Nr. 19 der Rollregalanlage mit den Fahrtenschreibern von Kienzle und Co. kurz vor dem Ausräumen und Verpacken.

Darum: bleiben Sie dran, wenn Sie mögen – Fortsetzung folgt…