Ramona Hummel ist Studentin an der Universität Konstanz im Fachbereich Literaturwissenschaft mit Schwerpunkt Hispanistik und Anglistik und steht kurz vor ihrem Bachelor-Abschluss. Im Rahmen ihres Studiums absolvierte sie ein vierwöchiges Praktikum in den Städtischen Museen VS.


„Ä vierwöchigs Praktikum im Museum? Hawa, wie kommsch denn jetzt da druf?“, entgegneten mir meine Eltern, als ich ihnen die frohe Botschaft überbrachte, ich würde mein vierwöchiges Praktikum im Rahmen meines Studiums in den städtischen Museen in Villingen-Schwenningen absolvieren. Ihre Verwunderung begründete sich in der Annahme, Menschen meines Alters seien nicht an städtischer Museumskultur interessiert, da diese veraltet und „nicht auf dem neuesten Stand“ sei. Entgegen dieser Einschätzung meiner Eltern malte ich mir in meinem Kopf bereits Projekte aus, an denen ich innerhalb meines vierwöchigen Praktikums arbeiten könne. Dabei gefiel mir bereits zu Beginn meines Gedankenkarussells die Idee, im Bereich der Museumspädagogik und Öffentlichkeitsarbeit mitzuarbeiten und mitzuwirken. Wie genau sich diese Mitarbeit umsetzen ließe, würde ich zu Beginn meines Praktikums unverzüglich erfahren. Die ersten Tage eröffneten mir die Möglichkeit, die Hauptakteure im Vorder- und Hintergrund der städtischen Museen kennenzulernen und anhand von Sitzungen und Besprechungen einen Überblick über die aktuell laufenden Projekte und angestrebten Vorhaben zu erhalten.
Wie die Museumsarbeit auf das Publikum tatsächlich wirkt, deutete ich bereits zu Beginn dieses Textes in Bezug auf meine Eltern an, doch darüber hinaus habe ich selbstverständlich auch Kommentare von anderen Personen erhalten, denen die Aufgaben eines Museums und die erforderlichen Fähigkeiten der Mitarbeiter total fremd erschienen. Denn Aufgaben wie die Teilnahme an Besprechungen und Tagungen, das Aufrechterhalten eines Internet-Blogs, außerplanmäßige Veranstaltungen, Öffentlichkeitsarbeit, Arbeit in der Institution Museum (beispielsweise die Umgestaltung des Gebäudes oder ein Umzug), Auflösen eines alten und Errichtung eines neuen Depots, Planung von Ausstellungen, Erarbeitung von neuen Führungen und Konzepten, Inventarisierungen, Fortbildungen im Bereich der Museumspädagogik und das unumgängliche ständige Ergründen der Antwort auf die Frage nach dem Stellenwert und der Attraktivität eines Museums im Zeitalter von zunehmender Digitalisierung sind nur einige Aufgaben, die im Museumsalltag anfallen.

Führung zum 95. Geburtstag von Eugen Steimer, dessen Vaters Werkstatt im Uhrenindustriemuseum ausgestellt ist.

Wie diese Aufzählung bereits erahnen lässt, ist zum Funktionieren dieses ‚Systems voller Herzblut‘ sehr viel Organisationstalent und Abstimmung zwischen den Akteuren gefragt: „Museumsarbeit in den städtischen Museen in VS ist eine Symbiose zwischen Individual- und Gruppenarbeit, bei der der eigenen Fantasie und Kreativität keine Grenzen gesetzt sind.“ Und genau dieser von mir formulierte Satz, der meine eigenen Gedanken während und nach dem Praktikum zum Ausdruck bringt, verdeutlicht meine Begeisterung und meinen Respekt, den ich gegenüber allen Beteiligten im Umfeld der städtischen Museen ausdrücken möchte. Ihre oberste Priorität ist stets, die Museumskultur wieder präsenter und attraktiver zu machen und der aktuell existierenden ‚Krise der Museen‘ entgegenzuwirken. Dazu nehmen es die Mitarbeiter gern in Kauf, sich viel Arbeit aufzuerlegen und auch in der Freizeit Augen und Ohren offen zu halten, um neue Ideen aufzunehmen und zu entwickeln.
Besonders positiv bleibt mir in Erinnerung, wie herzlich der Umgang zwischen den Mitarbeitern ist und wie schnell ich in ihren Kreis aufgenommen wurde. Mir wurde vom ersten Tag an großes Vertrauen entgegengebracht und stets Raum zur selbständigen und unabhängigen Arbeit eingeräumt. Die bereits vor Praktikumsbeginn besprochene Abmachung, am Ende meiner Zeit in den städtischen Museen solle ich an mindestens einem Projekt erfolgreich mitgearbeitet haben, findet in der Veröffentlichung dieses Blog-Eintrages und der Erarbeitung einer Führung für Kinder im Uhrenindustriemuseum Schwenningen ihre Umsetzung.
Die museumspädagogische Arbeit zeichnete sich vor allem durch den Austausch mit pädagogischen Fachkräften aus, einer tiefgründigen Recherche, dem Begleiten von bereits ausgearbeiteten Führungen und dem Sammeln von eigenen praktischen Erfahrungen mit Kindern verschiedenen Alters. Unter enger Zusammenarbeit und im stetigen Austausch mit dem Museumsleiter Dr. Michael Hütt und dem wissenschaftlichen Mitarbeiter des Uhrenindustriemuseums Dr. Ralf Ketterer konnte ich innerhalb meines vierwöchigen Praktikums ein neues Konzept für Kinder auf die Beine stellen, dass Sie gern praktisch vor Ort mit Anmeldung in einer Gruppe im Uhrenindustriemuseum erleben können. Das neue Konzept verbindet auf kreative Weise Lerneinheiten und spielerische Aktionen zum Thema Uhren(-industrie). Es findet innerhalb des Projektes „Kultur macht fit“ und auch außerhalb für Gruppen von Kindern Anwendung (nähere Informationen vor Ort oder unter der Telefonnummer 07720/38044).

Die Führung für Zweitklässler im Rahmen des Projektes „Kultur macht fit“ beinhaltet eine Outdoor-Rallye rund um das Uhrenindustriemuseum.
Kinder können hautnah vor Ort die Aufgabe des Kuckucks in der lebendigen Kuckucksuhr übernehmen.

Abschließend möchte ich Ihnen nicht vorenthalten, wie ich auf die Frage meiner Eltern, wieso ich mein Praktikum im Museum absolvieren möchte, geantwortet habe: „Ich behaupte, dass sich jeder Bürger in irgendeiner Form mit der Stadt Villingen-Schwenningen identifiziert – ob dies eher mit positiven oder negativen Gedanken behaftet, sei offen gelassen. Jedoch muss uns allen klar sein, dass das Stadtbild und die Bürger von unserer Vergangenheit geprägt sind. Und uns diese Einflüsse und unsere Wurzeln vor Augen zu führen, ist die oberste Priorität von Museumsarbeit. Ich möchte Teil dieses Prozesses sein, denn was gibt es Eindrucksvolleres als herauszufinden, warum unsere Stadt so ist, wie sie ist?“

Ramona Hummel