Von Fabienne Klingenstein

Von September 2022 bis August 2023 absolvierte Fabienne Klingenstein aus Sulz ein studienvorbereitendes FSJ in der Restaurierungsabteilung der Städtischen Museen. In diesem Zuge bearbeitete sie unter Anleitung der Diplom-Restauratorin Ina Sahl auch mehrere Objekte aus dem Sammlungsbestand der Häuser. Hier stellt sie eine kurze Zusammenfassung der aufwendigen Restaurierung eines barocken Damenporträts aus dem Depot des Franziskanermuseums vor, welches sie in den vergangenen Monaten untersucht und restauriert hat (die eigentliche Restaurierungsdokumentation zu diesem Objekt umfasst 26 Seiten!).

Restaurierung des Porträts der Anna Hedwig Glüsenerin

Bei dem Objekt handelt es sich um ein hochformatiges Leinwandporträt einer jungen Dame mit dem Namen Anna Hedwig Glüsenerin, gemalt von Jean-George Reiss aus dem Jahr 1730. Ebenfalls im Museum befindet sich das Pendant mit dem Porträt ihres Ehemannes Johann Arnold von Schorlemmer, genannt Glüsener. Wie die Gemälde in das Museum gekommen sind und welchen Bezug die beiden zu Villingen hatten, ist weiter nicht bekannt. Die Bilder stammen aus einer frühen Übernahme eines ganzen Konvoluts aus einem Nachlass.

Der Aufbau des Objekts

Das Gemälde wurde auf ein textiles Gewebe gemalt, vermutlich Leinwand in einfacher Leinenbindung. Darüber liegt die für die Barockzeit charakteristische mehrschichtige rote Grundierung. Die Bemalung besteht aus ölhaltiger Farbe, die ebenfalls in mehreren Schichten aufgetragen wurde. Dabei variieren die Farbaufträge von deckend und pastos bis hin zu feinen Lasuren. Abschließend wurde ein Oberflächenüberzug aus einem Naturharz aufgetragen, welcher die Farbigkeit des Gemäldes deutlich intensiviert und für das notwendige Tiefenlicht sorgt.

Das halbfigurige Porträt zeigt eine junge bürgerliche Dame, die eine weiße Perücke mit Locken und große Ohrgehänge trägt und in ein schlichtes, aber edles blaues Gewand mit einem auffällig tiefen V-Ausschnitt gekleidet ist. Der rote Mantel mit aufwendig gestaltetem ornamentalen Innenfutter, der um ihre Schultern und ihren Rücken gelegt ist, verweist auf einen gewissen Wohlstand. Dieser zeigt sich auch darin, dass die Anfertigung eines solchen Doppelporträts in Auftrag gegeben wurde. Da jedoch ein junger, noch wenig bekannter Maler beauftragt und der Hintergrund schlicht in einem brauen Farbton gehalten wurde, kann geschlossen werden, dass das Budget des Ehepaars doch begrenzt war. Die großen Augen und die aufrechte Haltung der Frau verleihen ihr eine selbstbewusste, aber auch zarte Aura. Der dunkle Hintergrund ist schlicht gehalten, wodurch die helle Haut der Dame stark betont wird. Gerahmt ist das Porträt mit einem schmalen, sehr einfach profilierten Zierrahmen.

Abbildung 1: Zustand des Porträts vor der Restaurierung

Erhaltungszustand

Im Laufe der Zeit unterliegen Kunstobjekte unausweichlich Veränderungen durch Alterungsprozesse. Besonders die Umgebungsbedingungen, denen ein Objekt ausgesetzt ist, hinterlassen deutliche Spuren. Schwankende Luftfeuchtigkeit und Temperatur, Tageslicht oder Wasserkontakt sind Faktoren, die zu erheblichen Schäden führen, ebenso wie unsachgemäßes Handling.

Bei der Untersuchung dieses Gemäldes wurde festgestellt, dass es früher wohl unter katastrophalen Bedingungen aufbewahrt wurde. Der Träger, bestehend aus einem feinen, ungleichmäßig gewebten Leinengewebe zeigt Anzeichen eines älteren Wasserschadens. Zudem ist der Träger deutlich verzogen und überdehnt, er weist drei größere Löcher durch Stöße von der Vorderseite her auf. Die Malschicht zeigt ein ausgeprägtes Alterskrakelee mit zahlreichen Fehlstellen und Ausbrüchen. In einigen Bereichen, besonders jedoch entlang der Unterkante, ist die Malschicht großflächig gelockert und droht abzufallen. Das Gemälde ist insgesamt stark verschmutzt und der Firnis vergilbt, was die Farbintensität mindert. Frühere Restaurierungen haben das Bild zum Teil noch weiter geschädigt, anstatt es zu konservieren. Dazu gehört vor allem eine unsachgemäß durchgeführte Abnahme des originalen Firnisses, bei der zu starke Lösungsmittel eingesetzt wurden. In der Folge wurde auch die Malschicht angegriffen, und vor allem die feinen Lasuren auf der Oberfläche gingen verloren. Ältere Retuschen sind farblich verändert und fallen entsprechend auf. Die Gewebepflaster der Rückseite zeichnen sich vorderseitig deutlich ab.

Abbildung 2: die Rückseite des Gemäldes mit aufgeklebten Leinwandflicken

Restaurierung

Die anspruchsvolle Restaurierung erforderte viel Sorgfalt und Geschick. Die instabilen Malschichtschollen wurden mithilfe von Hausenblasenleim gefestigt. Dieser wird aus der Schwimmblase des Kaviar-Störs gewonnen und besitzt die Eigenschaft, eine sehr niedrige Eigenspannung bei hoher Klebekraft ins Gefüge einzubringen. Zudem ist er abbaubar und damit reversibel. Nach dem Trocknen wurden die behandelten Stellen mit einem Heizspachtel erwärmt, um die Malschicht flexibel zu machen. Mit leichtem Druck konnten die Stellen dann wieder mit dem Träger verklebt und planiert werden. Die Gemäldeoberfläche wurde mit einer Mischung aus Wasser sowie Marseiller Seife auf Wattestäbchen abgerollt, um den wässrig löslichen Schmutz zu entfernen. Der vergilbte Firnis wurde anschließend mit Lösungsmitteln abgenommen, um die ursprüngliche Farbigkeit wiederherzustellen und den Gelbstich zu entfernen.

Abbildung 3: Zwischenzustand, das Bild ist halbseitig gereinigt. Vor allem im Bereich des Inkarnats ist die vergrauende Wirkung durch den aufliegenden Schmutz ersichtlich.

Anschließend wurden die älteren Gewebepflaster, die zur Abdeckung der Löcher auf der Rückseite angebracht waren, entfernt, da sie den Träger an diesen Stellen konvex verformten. Die Löcher im Gewebe wurden auf eine schonendere Weise mit Intarsien und Fadenbrücken geschlossen.

Abbildung 4: Eine anstelle der Leinwandflicken passgenau eingesetzte Leinwandintarsie und Fadenbrücken

Um die Leinwandspannung zu erhöhen, ohne das Gemälde vom Spannrahmen abzunehmen, wurden dünne Streifen aus säurefreiem Karton zwischen Rahmen und Leinwand geschoben. Auf diese Weise konnte die Spannung schrittweise erhöht werden, ohne das spröde Gewebe zu überdehnen.

Die Fehlstellen in der Malschicht wurden anschließend mit einem Kitt aus Rinderhautleim, Bologneser- und Champagnerkreide gefüllt und mit feinem Schleifpapier glatt auf das originale Oberflächenniveau geschliffen. Vor der Retusche der Fehlstellen wurden alle Bereiche dünn mit Blätterschellack isoliert. Zunächst wurde eine lasierende Schicht aus Aquarellfarben aufgetragen, die einen rot-orangenem Boluston imitiert, um den originalen Schichtaufbau im Barockstil nachzuahmen. Anschließend wurden die Fehlstellen mit Aquarellfarben retuschiert, um sie optisch zu schließen und die Darstellung wieder einheitlich erscheinen zu lassen. Zuletzt wurde ein neuer Firnis aus Dammarharz aufgetragen, der die Farbigkeit hevorbringt und Tiefenlicht erzielt.

Abbildung 5: Zwischenzustand mit gekitteten Fehlstellen, die das Ausmaß der Schäden sichtbar machen. Es ist aber auch schon ein deutlicher Effekt durch die Firnisabnahme zu erkennen: Das Gewand ist wieder blau und wirkt nicht mehr grünlich.

Es war sehr spannend, bei diesem Projekt alle Schritte von der Erstuntersuchung über die Festlegung des Restaurierungskonzeptes bis zur Durchführung der Maßnahmen selbst umsetzen zu dürfen. Diese Erfahrung wird eine gute Grundlage für das im Herbst beginnende Studium der Restaurierung an der Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart sein, worauf ich mich bereits sehr freue!

Abbildung 6: Endzustand, Anna Hedwig Glüsenerin kommt deutlich verjüngt aus der Kur in der Restaurierungswerkstatt zurück zu ihrem Gatten ins Depot. Dieser ist jedoch noch nicht salonfähig, und hofft, in der Zukunft auch irgendwann restauriert zu werden.