Aus einem privaten Nachlass konnte das Franziskanermuseum kürzlich ein interessantes wehrgeschichtliches Objekt erwerben: Ein Perkussionsgewehr aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts mit der Signatur eines Johannes Baumann aus Villingen. Waffen mit einer eindeutigen Zuordnung zu unserer Stadt sind generell selten. Vor allem aber ist der Herstellername bemerkenswert, weil er belegt, dass Mitglieder der Familie Baumann vor Ort bis ins 19. Jahrhundert als Büchsenmacher tätig waren.

Perkussionsgewehr „Joannes Baumann Villinge[n]“, Inv.nr 16108

Als wohl frühester Vertreter dieses Namens darf der von 1646 bis 1656[1] in Villingen nachgewiesene Hans Adam Baumann gelten, der sich seinerzeit einer gewissen Berühmtheit erfreute. Zu seinen besonderen Schöpfungen zählten Windbüchsen, die Projektile mit Pressluft verschossen und von denen sich eines in der Sammlung des Grafen Wratislaus II. zu Fürstenberg befand („Ein Rohr was ohne Pulver schießt“).[2] Gewehre von ihm werden um 1700 auch im Inventar der fürstlichen Rüst- und Büchsenkammer zu Stuttgart genannt.[3] Etwas später begegnet uns die Signatur eines Joseph Baumann mit der Jahreszahl 1749 auf dem Lauf eines Steinschlossgewehrs, das Ende des 19. Jahrhunderts über einen Händler „Günter“ aus Schönwald in die Villinger Altertümersammlung gelangte und heute Teil der stadtgeschichtlichen Dauerausstellung im Franziskanermuseum ist. Aus den Bürgerbüchern dieser Zeit geht hervor, dass jener Joseph Baumann 1748 nach dem Tod seines Amtsvorgängers Johann Sternen zum neuen Schmiedezunftmeister gewählt wurde.[4]

Steinschlossgewehr von Joseph Baumann, Franziskanermuseum, Abteilung „Stadtgeschichte bis 1800“

Mit dem jüngst erworbenen Perkussionsgewehr, das wohl in die Zeit zwischen ca. 1820 und 1840 datiert, sind Büchsenmeister des Namens Baumann aus Villingen nun also in drei Jahrhunderten nachgewiesen – die Vermutung liegt nahe, dass es sich um ein und dieselbe Familie handelte, die über mehrere Generationen tätig war. Bislang fehlen aber weiterführende Informationen, die uns mehr über ihr Wirken verraten könnten. Überhaupt ist die Arbeit der hiesigen Büchsenmacher schwer zu rekonstruieren und nur wenige sind uns namentlich bekannt: Im frühen 16. Jahrhundert wird ein Zymprecht Satzger genannt, der aus Memmingen nach Villingen zog, dort ein Haus in der Bickenstraße besaß und wenige Jahre später nach Radolfzell ging.[5] 1599 wurde der Büchsenmacher Hans Bayer in der Oberen Straße in den Rat aufgenommen; er starb 1617.[6] Aus dem Jahr 1624 ist eine Zinsverschreibung des Büchsenschmieds Matthias Müller überliefert.[7] Schließlich kennen wir noch Johann Gutgesell, seit 1676 ebenfalls Ratsmitglied.[8] Für das Jahr 1816 werden in Villingen zwei Büchsenmacher genannt, leider nicht namentlich.[9]

Büchsenmacher-Werkstatt, Stich um 1820, Privatbesitz

Perkussionsschlösser wurden zu Beginn des 19. Jahrhunderts erfunden und lösten in den folgenden Jahrzehnten die bis dahin vorherrschenden Steinschlösser ab. Statt durch Entflammen eines Pulvers mittels mechanisch erzeugter Funken wurden nun detonierende Chemikalien eingesetzt, die durch den Schlag des Hahns zur Zündung gebracht wurden. Seit etwa 1816 kamen hierfür sogenannte Zündhütchen zum Einsatz, kleine Kupferhülsen, die an der Innenfläche des Deckels die Zündmasse enthielten. Bis etwa 1850 stellten die meisten Armeen ihre Feuerwaffen von Stein- auf Perkussionsschlösser um. So entstand für die Büchsenmacher ein neuer, lukrativer Markt, an dem sich offenbar auch Villinger beteiligten. Wesentliche Komponenten der Waffen wurden aber längst in zentralisierten Manufakturen gefertigt, deren Kapazitäten und maschinellen Ausstattungen für die kleinen Handwerksbetriebe eine zunehmende Konkurrenz darstellten. Johannes Baumann dürfte insofern zu den Letzten seiner Art gezählt haben.

Das neu erworbene Perkussionsgewehr ist eine schöne Bereicherung der Waffensammlung des Franziskanermuseums und wird Anlass sein, der Geschichte der Villinger Waffenschmiede und Büchsenmacher genauer nachzuspüren. Über das Fachwissen von Kennern, die in dieser Sache weiterhelfen können, würde sich der Autor freuen.


[1] Vgl. Heer, Eugen (Hg.): Der neue Støckel, Band 1, Schwäbisch Hall 1978, S. 67. Danke an Dr. Matthias Ohm für den Hinweis.

[2] Vgl. Münch, Ernst: Geschichte des Hauses und Landes Fürstenberg, Dritter Band, Aachen/Leipzig 1832, S. 129.

[3] Vgl. Inventar der Rüst- und Büchsenkammer, Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Hauptstaatsarchiv Stuttgart, A 21 Bü 536.

[4] Vgl. Die Bürgerbücher der Stadt Villingen, Villingen-Schwenningen 2001, Nr. 4717.

[5] Vgl. SAVS 2.01 AA 34e/15; 2.03 2427.

[6] Vgl. Die Bürgerbücher der Stadt Villingen, Nr. 4404.

[7] Vgl. SAVS 2.03 2205.

[8] Vgl. Die Bürgerbücher der Stadt Villingen, Nr. 4850.

[9] Vgl. Kolb, Johann Baptist: Historisch-statistisch-topographisches Lexicon von dem Großherzogthum Baden, dritter Band, Karlsruhe 1816, S. 324.