Untersuchung und Restaurierung einer Schwarzwälder Flötenuhr mit Lackschild im Zuge der Neupräsentation in der Dauerausstellung des Franziskanermuseums

Der Anlass:

Die Restaurierungs-Studentin Anna-Laura Scheiger aus Stuttgart absolvierte im Frühsommer 2018 ein einmonatiges Praktikum in der Restaurierungsabteilung der Städtischen Museen Villingen-Schwenningen. Dort untersuchte und bearbeitete sie das Lackschild der Flötenuhr mit der Inventarnummer 14937 aus dem Bestand des Franziskanermuseums. Die Flötenuhr wird ab Oktober 2018 zusammen mit einem zweiten Exponat in der Dauerausstellung des Franziskanermuseums in der Abteilung Spiegelhalder gezeigt. Hier berichtet Frau Scheiger kurz über ihre Arbeit am Objekt:

Kleine Einführung zum Thema Flötenuhr mit Lackschild

Neben der Kirschtorte und dem Bollenhut ist der Schwarzwald für seine Uhrenproduktionen bekannt. Dabei sind die Schwarzwälder Kuckucksuhren natürlich nicht die ersten Uhren, die im Schwarzwald erfunden wurden, sondern es waren Wanduhren mit Holzräderwerk und dekorativem Lackschild. Diese Uhren gibt es seit dem Ende des 18. Jahrhunderts und ihre Herstellung wurde vor allem in zahlreichen hausgewerblichen Produktionen betrieben. Die Uhren wurden nicht nur in Deutschland verkauft, sondern auch nach England oder Frankreich exportiert. Eine Sonderform besteht aus Uhren, die mit Instrumenten zusammen gebaut wurden,  die – ausgelöst z.B. durch den Stundenschlag des Uhrwerks – selbstständig ein oder mehrere Lieder abspielen können. Dazu gehören die  Flötenuhren. Deren Blütenzeit war um 1800. Die Mechanik und Pfeifen wurden in der Regel durch ein verziertes Lackschild verdeckt. Wenn einem Besitzer seine Flötenuhr nicht mehr gefiel, wurde einfach das Lackschild neu gestaltet und dabei meist komplett übermalt. Nach 1860 gerieten die Flötenuhren aus der Mode und wurden weitgehend vergessen. Da ein Lackschild im Grunde wie ein Tafelbild aufgebaut ist, schien es ein geeignetes Objekt für die Untersuchung der Firnisproblematik im Rahmen meines Praktikums zu sein.

Abbildung 1 Vorderansicht des Objektes, Vorzustand
Abbildung 2: Rückseite des Objektes, Vorzustand

 

Beschreibung des Lackschildes

Die Flötenuhr (Inv.-Nr. 14937) mit Lackschild stammt aus Oberschaffhausen, dies kann durch eine Signatur am Gehäuse belegt werden. Wie alt die Uhr ist, lässt sich nicht genau bestimmen, sie besitzt aber eine geschossene Rückseitenbalg-Bauart, die ab 1820 in dieser Form gebaut wurde. Während das Werk original ist, hat die Untersuchung des Uhrschildes mit gewölbtem Ziffernkranz und oberem Abschluss in Bogenform sowie einer Öffnung für Figuren ergeben, dass es sich bei dem sichtbaren Dekor des Lackschildes nicht mehr um die ursprüngliche Fassung handelt. Denn es wurden Spuren einer älteren, darunterliegenden Fassung gefunden. Das heute sichtbare Motiv zeigt sowohl florale Verzierungen, wie auch bäuerliche Figuren oder musizierende Engel. Der Bildträger besteht aus einem Nadelholz, die Grundierung ist in mehreren Schichten aus geschliffenem Kreidegrund aufgebaut. Das Ungewöhnliche an der Fassung ist, dass der größte Teil der Figuren und Formen nicht aufgemalt ist, sondern aus aufgeklebten Abziehbildern besteht. Daher erklärt sich auch die etwas willkürlich erscheinende Zusammenstellung der Motive. Ein Abziehbild besteht aus einem in mehreren Schichten übereinander gedrucktem Motiv aus Lacken oder Farben und ist hauchdünn. In diesem Fall wurden die Bildchen mit Wärme und Druck auf den noch weichen Kreidegrund aufgeklebt, wie man an den wulstartigen Verformungen entlang der Rändern erkennen kann. Obendrauf liegt ein Überzug, der stark glänzt, vergilbt und verkratzt ist.

Abbildung 3: Detailaufnahme, Abziehbild großes Vogelpaar Mitte: man sieht den in den Hintergrund eingedrückten Rand vom Aufkleben auf den noch weichen Grund

Der Schadensbefund des Lackschildes

Nicht nur die Mechanik des Uhrenwerkes und des Flötenspiels funktionieren nicht mehr, sondern auch das Lackschild wies etliche Schäden auf, weshalb es in diesem Zustand nicht mehr ausstellungsfähig war. Es gibt einige Fehlstellen und lockere Bereiche der Grundierung und Malerei, die davon bedroht sind, abzufallen und verloren zu gehen.
Optisch besonders störend ist der unregelmäßig vergilbte Überzug mit den vielen weißen Kratzspuren. Da das Lackschild ursprünglich weiß im Ton der Grundierungsschicht war, ist das Erscheinungsbild heute natürlich stark gelblich verändert. Nun soll untersucht werden, ob es eine Möglichkeit gibt, den Überzug zu entfernen (er ist nicht original), ohne die empfindliche Malerei und die Abziehbilder anzugreifen.
Des  weiteren sind konservierungs- und restaurierungstechnische Maßnahmen notwendig. Die lockere Fassung muss gesichert werden. Das Gesamterscheinungsbild des Lackschildes soll wieder in einen ausstellungsfähigen Zustand gebracht werden, ob sich der Firnis nun entfernen lässt oder nicht.

Abbildung 4: Detailaufnahme, lockere Fassung bei Ziffer 4
Abbildung 5: Detailaufnahme, Ziffer der Uhr, Vorzustand mit weißen Kratzspuren

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Durchgeführte Maßnahmen am Lackschild

Zuallererst wurde das Lackschild vom Kasten der Flötenuhr abmontiert, damit die folgenden Arbeiten ausgeführt werden konnten. Wie bei den meisten Konservierungs- und Restaurierungsarbeiten wurden die lockere Fassung mit einem speziellen Klebemittel gesichert. Danach wurde das Schild gereinigt.

Dann folgte der spannende Teil dieser Arbeit: es wurden viele kleine Versuche an verschiedenen Stellen gemacht, welches Standart-Lösungsmittel zur Entfernung des Überzugs geeignet wäre, ohne dabei die Abziehbilder und die Malerei anzugreifen. Bei den meisten Versuchen erzielte das Lösungsmittel Acton die besten Ergebnisse.

Abbildung 6: Detailaufnahme, Firnisabnahmeprobe, unteren Rand, Mitte links, Zwischenzustand
Abbildung 7: Detailaufnahme, Firnisabnahmeprobe, links unten großes Vogelpaar, Zwischenzustand

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Jedoch griffen alle Lösungsmittel die Malerei der schwarzen Ziffern an. Deswegen wurden die Versuchsreihen auf andere, seltener verwendete Lösungsmittel ausgedehnt sowie die Auftragstechniken modifiziert. Dabei erwies sich eine Mischung aus Terpentinöl mit einem wässrig-alkalischen Medium (Seife) als vielversprechend. Leider reichte die Zeitspanne des Praktikums nicht mehr aus, um mit dieser Mischung weitere Proben machen zu können, aber es wäre toll, wenn daran weiter geforscht werden könnte.
Um das Lackschild wieder in einen ausstellungsfähigen Zustand zu bringen wurden alle Stellen der Firnisabnahmeproben, alle weißen Kratzspuren und Fehlstellen sowie Kittungen zu einer einheitlichen Erscheinung retuschiert. Anschließend wurde partiell gefirnisst, um den Glanzgrad anzupassen. Das Lackschild wurde anschließend wieder an der gereinigten Flötenuhr montiert.

Durch die konservatorischen Maßnahmen ist die Fassung des Lackschildes nun vor Verlust von originaler Substanz gesichert. Für die Ausstellung der Flötenuhr besitzt das Lackschild wieder eine einheitliche Erscheinung.

Abbildung 9: Vorderansicht des Objektes nach der Restaurierung